(IP) Hinsichtlich einer individuellen Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt, begründet durch Ängsten um Zwangsversteigerung des Vermögens, hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Leitsatz entschieden.

„a) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers für den Betroffenen ist nach § 276 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FamFG regelmäßig schon dann geboten, wenn der Verfahrensgegenstand die Anordnung einer Betreuung in allen Angelegenheiten als möglich erscheinen lässt ...
b) Wird die Betreuung eines Volljährigen gegen dessen Willen angeordnet, so muss festgestellt werden, dass dem an einer psychischen Erkrankung leidenden Betroffenen die Fähigkeit fehlt, einen freien Willen zu bilden. Die Feststellungen zum Ausschluss der freien Willensbestimmung müssen durch ein Sachverständigengutachten belegt sein“.

Der Betroffene wandte sich gegen die Verlängerung seiner verordneten Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt. Er litt unter einer paranoid-querulatorischen Persönlichkeitsstörung. Das Amtsgericht hatte die bestehende Betreuung nach persönlicher Anhörung des Betroffenen mit u.a. folgendem Aufgabenkreis verlängert: Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung, Wohnungsangelegenheiten, Geltendmachung von Ansprüchen auf Altersversorgung.

Ein Einwilligungsvorbehalt war für die Vermögenssorge und die Rechts-, Antrags- und Behördenangelegenheiten angeordnet, abgesehen von Anträgen im Betreuungs- oder im Unterbringungsverfahren. Das Landgericht hatte dann die Beschwerde des Betroffenen zurückgewiesen. Hiergegen wandte sich seine Rechtsbeschwerde, die zur Zurückverweisung der Sache führte.

Das Landgericht hatte seine anschliessende Entscheidung wie folgt begründet: Der Sachverständige habe in seinem psychiatrischen Gutachten beim Betroffenen eine fortbestehende paranoid-querulatorische Persönlichkeitsstörung sowie eine leichte depressive Symptomatik diagnostiziert. Hintergrund sei die seit Jahren geführte Auseinandersetzung mit der Stadt und dem Finanzamt um Schulden, die dazu geführt hätten, dass der Hof des Betroffenen von der Zwangsversteigerung bedroht sei. Weil er nicht bereit sei, das Grundstück aufzugeben, lebe er dort inzwischen ohne Strom und Wasser in verwahrlostem Zustand. Die Betreuung sei für den genannten Aufgabenkreis erforderlich. Im Bereich der Vermögenssorge habe der Betreuer sich um die Einteilung der Rente und die Frage zu kümmern, wie mit dem überschuldeten Grundbesitz zu verfahren sei.

Da der Betroffene nicht geschäftsfähig sei, bedürfe er der Vertretung in sämtlichen Behördenangelegenheiten. Angesichts der durch den Gutachter attestierten Realitätsbezugsstörungen sei ein Einwilligungsvorbehalt für Vermögens-, Rechts-, Antragsund Behördenangelegenheiten zur Abwendung von Gefahren erforderlich. Weil der Betroffene seinen Willen nicht unbeeinflusst von seiner Erkrankung bilden könne, könne die Betreuung auch gegen seinen Willen fortgeführt werden.

Das Original-Urteil kann hier abgerufen werden:

BGH, Az.: XII ZB 144/19

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