(ip/RVR) Nach Ansicht des 4. Strafsenats des BGH soll dem mit einem Zwangsverwaltungsverfahren betrauten Rechtspfleger eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB gegenüber Gläubiger und Schuldner obliegen.

Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage gegen einen Rechtspfleger unter anderem wegen Untreue. Der Angeklagte war mit einem Zwangsverwaltungsverfahren betraut, obwohl er vom Eigentümer des verwalteten Grundstücks eine Dachgeschosswohnung im Hause des Grundstücks unentgeltlich zur Verfügung gestellt bekommen hatte. Er bestellte einen ebenfalls angeklagten Rechtsanwalt zum Zwangsverwalter. Im Einvernehmen mit dem Angeklagten überließ dieser die Wohnung dem Angeklagten in der Folgezeit ohne hierfür Miete oder sonstige Nutzungsentschädigung zu verlangen. Der Rechtspfleger hielt den Zwangsverwalter auch zu keinem Zeitpunkt hierzu an.

Das LG verurteilte den Rechtspfleger sowie den Rechtsanwalt wegen Untreue in Tateinheit mit Vorteilsannahme bzw. mit Vorteilsgewährung. Die Revisionen hiergegen blieben erfolglos.

Das LG sah in der Person des Rechtspflegers den Tatbestand der Untreue gemäß § 266 Abs. 1 StGB verwirklicht, denn auch diesen treffe eine Vermögensbetreuungspflicht und diese sei gegenüber den Gläubigern und dem Schuldner verletzt worden. Der BGH schloss sich dieser Auffassung an.

Die Vermögensbetreuungspflicht im Rahmen des Zwangsverwaltungsverfahrens leitete der BGH letztlich aus § 153 ZVG ab. Danach müsse der Rechtspfleger den Zwangsverwalter überwachen und sei verpflichtet, den Verwalter zu leiten und im Rahmen seiner Aufsichtstätigkeit festgestellte Pflichtwidrigkeiten zu unterbinden. Diese Pflichten beträfen nicht nur allgemeine Interessen der Beteiligten, sondern auch deren Vermögensinteressen, weil sie sich insbesondere auf die treuhänderische Tätigkeit des Zwangsverwalters bezögen. Nötigenfalls könne der Rechtspfleger dem Verwalter auch Anweisungen erteilen.

Angesichts dieser Stellung des Rechtspflegers bestehe für ihn eine eigene Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB. Dass der Rechtspfleger nach § 10 RPflG i. V. m. § 41 Nr. 1 ZPO wegen Selbstbetroffenheit in dem konkreten Verfahren gar nicht hätte tätig werden dürfen, schließe ein gleichwohl bestehendes Treueverhältnis nicht aus.

Diese Vermögensbetreuungspflicht habe der Angeklagte dadurch verletzt, den Verwalter nicht zur Einforderung von Miete bzw. Nutzungsentschädigung gegen sich selbst angehalten zu haben. Dies habe bei den Beteiligten auch zu einem Vermögensnachteil im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB geführt.

Das Original-Urteil kann hier abgerufen werden:

BGH vom 28.07.2011, Az. 4 StR 156/11


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