(IP/RVR) „ Die gesetzliche Fälligkeitsfrist eines Erschließungsbeitrages endet nicht mit dem Ablauf desjenigen Tages, welcher durch seine Zahl dem Tag entspricht, an welchem der Beitragsbescheid dem Schuldner bekannt gegeben worden ist. Endet die Frist mit Ablauf eines Freitages, so verlängert sie sich nicht bis zum nächsten Werktag.

Der im Rang nach dem bestrangig betreibenden Gläubiger vorgemerkte bedingte Auflassungsanspruch eines Wiederkaufsberechtigten gewährt, wenn die Vormerkung durch den Zuschlag erlischt, in der Zwangsversteigerung des Grundstücks jedenfalls dann ein Anrecht auf die Zuteilung des Übererlöses ohne Abzug des Wiederkaufpreises, wenn diese bedingte Kaufpreisforderung anderweitiger Beschlagnahme unterliegt (hier: Konkursbeschlag über das Vermögen des Wiederverkäufers.

Die rechtsgestaltende Ausübung des Wiederkaufrechts unterliegt neben der Ausschlussfrist keiner Verjährung.“

Der Entscheidung des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die beklagte Stadt verkaufte eine unbebaute Teilfläche an die Verkäuferin V die sich im Gegenzug verpflichtete, innerhalb von fünf Jahren nach Vorliegen eines bestandskräftigen Bebauungsplans in näher bezeichneten Umfang zu bebauen. Für den Fall der Nichteinhaltung dieser Verpflichtung vereinbarten und bewilligten die Parteien der Stadt eine Vormerkung zur Sicherung des Rückübertragungsanspruches für die Stadt. Die Vollstreckungsschuldnerin/Verkäuferin V bebaute das erworbene Grundstück nicht und geriet 1998 in Konkurs.

U. a. wegen des Erschließungsbeitrages wurde am 28.09.2007, einem Freitag die Zwangsversteigerung durch Antrag der Stadt für das Grundstück angeordnet. Für die Stadt waren in der III. Abteilung Zwangssicherungshypotheken eingetragen worden. Für den Erschließungsbeitrag beanspruchte die Stadt zugleich als öffentliche Laste den Vorrang vor den eingetragenen Grundpfandrechten. Im Versteigerungstermin erhielt die beklagte Stadt den Zuschlag. Im Verteilungstermin war das bessere Recht auf den nach Berichtigung von Kosten verbleibenden Überschuss zwischen den Parteien streitig. In dem gerichtlichen Verteilungsplan wurde dieser der beklagten Stadt aufgrund des geschuldeten Erschließungsbeitrages nebst darauf entfallender Säumniszuschläge zugesprochen. In der Hilfszuteilung bestimmte das Gericht als vorrangig den vorgemerkten Rückauflassungsanspruch der Beklagten. Hiergegen wehrte sich die Klägerin (=Grundpfandrechtsgläubigerin) mit der Widerspruchsklage und begehrte den Vorrang ihres Rechts.

In seiner Begründung unterscheidet der BGH zunächst in

I. die Rangfolge der Rechte:
Bei der Grundstückszwangsversteigerung gehören Ansprüche auf einmalige Entrichtung öffentlicher Lasten wie der Erschließungsbeitrag gem. § 134 II BauGB in die RK 3, wenn der Gläubiger innerhalb von vier Jahren nach dem Eintritt der Fälligkeit wegen dieses Anspruches die Anordnung der ZVG beantragt oder seinen Anspruch angemeldet hat. Der Erschließungsbeitrag wird nach § 135 Abs.1 BauGB einen Monat nach Bekanntgabe des Beitragsbescheids fällig. Bei der Bekanntgabe ist laut BGH dem Sinn des § 187 I BGB entsprechend zu verfahren, folglich sei vom gesetzt der Tag der Monatsfrist nicht mitzurechnen. Somit endet die Frist nach § 188 II Fall 1 BGB mit Ablauf des 26. 09.2003 einem Freitag. Beginn der Frist fällt vorliegend gem. § 31 I VwVFG, § 187 I BGB auf den 27.08.2003, dem Tag nach der Bekanntgabe an den Konkursverwalter. Die Fristberechnung sei ebenso für die Anwendung des § 135 BauGB maßgebend und wird auch im Schrifttum vertreten. Die Säumniszuschläge teilen den Rang des Hauptrechts, vorliegend fallen die Erschließungskosten im RK 7, da die Fälligkeit mehr als 4 Jahre zurückliegt.

II. den Auflassungsvormerkungsanspruch der Beklagten:
Bezüglich des Rechts setzt sich kraft der Surrogationswirkung des Zuschlages der vorgemerkte Übereignungsanspruch am Zwangsversteigerungserlös fort, der ein entsprechendes Anrecht auf die hoheitliche Erlöszuteilung begründet. Zu Recht führt der BGH an, dass der Anspruch auf den Wiederkaufspreis einen eigenen Vermögensgegenstand und als bedingter Anspruch eine selbstständig pfändbare Rechtsposition darstellt die nicht unter den Zwangsversteigerungsbeschlag fällt. Daraus folge, dass in allen Sachlagen, in denen an dem Gegenanspruch des vorgemerkten Anspruchs ein anderweitiger Konkurs-, Insolvenz oder Pfändungsbeschlag besteht, wie dies vorliegend der Fall ist, die von der Differenztheorie verfolgte Saldierung nicht stattfinden kann.
Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass das Ausübungsrecht des Wiederverkaufs keiner Verjährung unterliegt (anders verhält es sich mit der aus seiner Ausübung entstehenden Ansprüchen), sondern kann lediglich zeitlich gem. § 462 BGB durch eine Ausschlussfrist beschränkt werden. Die Verjährung des Herausgabeanspruchs läuft erst mit der Ausübung des Wiederkaufrechts.

III. der Art und Weise der Nichtanmeldung der Vormerkung:
Die Vormerkung und ihr Gegenstand sind Grundbuch ersichtlich. Dies beinhaltet alle Urkunden, auf die zur Näheren Bezeichnung des Inhalts eines eingetragenen Rechts nach § 874 BGB zulässigerweise Bezug genommen worden ist. Nicht in die Bezugnahme eingeschlossen sind jedoch die schuldrechtlichen Bestimmungen des Kaufvertrags über den Preis und den Wiederkaufpreis.

Das Original-Urteil kann hier abgerufen werden:

BGH vom 24.05.2012, Az. IX ZR 175/11


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