(ip/RVR) Der Gläubiger betreibt aus einem Vollstreckungsbescheid die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner. Der schriftliche Vollstreckungsauftrag wurde ohne Abschriften eingereicht, worauf der zuständige Gerichtsvollzieher den Verfahrensbevollmächtigten des Gläubigers darum bat, für die Zustellung an den Schuldner eine Abschrift des Vollstreckungsauftrags zu übersenden. Da bis zum Ablauf der 14-tägigen Frist keine Abschrift eingegangen war, stellte der Gerichtsvollzieher das Zwangsvollstreckungsverfahren ein. Die hiergegen eingelegte Vollstreckungserinnerung des Gläubigers wies das Amtsgericht (Vollstreckungsgericht) zurück. Das Landgericht wies die sofortige Beschwerde des Gläubigers zurück. Gegen diese Entscheidung legte der Gläubiger Rechtsbeschwerde ein. Mit dieser verfolgt er das Ziel, den Gerichtsvollzieher anzuweisen, das Zwangsvollstreckungsverfahren fortzusetzen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde Erfolg hat, denn der Gerichtsvollzieher war nicht berechtigt, das Zwangsvollstreckungsverfahren einzustellen. Diese Entscheidung wurde wie folgt begründet: Eine Verpflichtung, der Ladung des Schuldners zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung eine Abschrift des Vollstreckungsauftrags beizufügen, ist nicht ausdrücklich gesetzlich normiert. „Der Anspruch des Schuldners auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) und auf ein faires Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG) gebieten es jedoch, ihm mit der Ladung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung eine Abschrift des Vollstreckungsauftrags zu übermitteln” (Schuschke in Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 5. Aufl., § 900 ZPO Rn. 6; MünchKomm.ZPO/Eickmann, 3. Aufl., § 900 Rn. 11; aA LG Hamburg, DGVZ 2005, 77; Musielak/Voit, ZPO, 8. Aufl., § 900 Rn. 12; Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 900 Rn. 8). Es muss jedoch beachtet werden, dass sich aus der Vorschrift des § 133 ZPO keine Rechtfertigung für eine Einstellung des Zwangsvollstreckungsverfahrens ergibt, wenn der Gläubiger einer Aufforderung des Gerichtsvollziehers zur Einreichung einer Abschrift des Vollstreckungsauftrags nicht fristgerecht nachkommt. Wenn der Gläubiger sich weigert, die erforderliche Abschrift einzureichen, hat der Gerichtsvollzieher, so der BGH, diese selbst auf Kosten des Gläubigers herzustellen (§ 9 GvKostV i.V.m. KV Nr. 700 Ziff. 1b). Dies ist dem Gerichtsvollzieher auch zumutbar.

Auf die Rechtsmittel des Gläubigers werden der Beschluss des Landgerichts und der Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben. Der Gerichtsvollzieher wird angewiesen, die Vollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid fortzusetzen.

Der Leitsatz fasst zusammen:
„Der Gerichtsvollzieher hat dem Schuldner mit der Ladung zum Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung eine Abschrift des Vollstreckungsauftrags zuzustellen. Er kann den Gläubiger auffordern, eine solche Abschrift einzureichen, ist aber nicht berechtigt, das Zwangsvollstreckungsverfahren einzustellen, wenn der Gläubiger dieser Aufforderung nicht nachkommt.“

BGH vom 21.07.2011, Az. I ZB 96/10


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