(IP) Hinsichtlich Duldung der Zwangsversteigerung hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen mit Leitsatz entschieden: „§ 6 Abs. 5 KAG NRW ... ist bei verfassungskonformer Auslegung dahin auszulegen, dass der Eigentümer, der ein Grundstück vor dem Inkrafttreten der Neuregelung am 17.10.2007 erworben hat, nicht wegen persönlicher Benutzungsgebührenrückstände des Voreigentümers (hier: Gebühren für Abfallbeseitigung, Niederschlags- und Schmutzwasserentsorgung sowie Straßenreinigung) zur Duldung der Vollstreckung verpflichtet ist.

Die Klägerin war Eigentümerin eines Grundstücks, das sie von ihrer Mutter erworben hat. Auf dem Grundstück lasteten Verbindlichkeiten, zu deren Übernahme sich die Klägerin als Gegenleistung für die Übertragung des Grundbesitzes verpflichtet hatte. Auf die Gebührenforderungen für u. a. Abfallbeseitigung der Vorjahre hatte die Voreigentümerin nur Teilbeträge gezahlt.

Wegen ebenfalls rückständiger Grundsteuern erließ die Beklagte darauf einen Haftungsbescheid sowie einen Duldungsbescheid. Die Bescheide ließ die Klägerin nach Zurückweisung ihres Widerspruchs bestandskräftig werden.

Nach Anhörung verpflichtete die Beklagte dann die Klägerin durch Duldungsbescheid, deswegen die Vollstreckung in das Grundstück zu dulden. Das Landesgesetz erfasse auch Benutzungsgebühren aus der Zeit vor Inkrafttreten einer aktuellen Neuregelung. Die darin zu sehende lediglich unechte Rückwirkung sei zulässig; das Vertrauen auf Fortbestand der bisherigen Rechtslage müsse gegenüber dem am Gemeinwohl orientierten Interesse an der Änderung der Rechtsordnung, die im Hinblick auf die sinkende Zahlungsmoral erforderlich sei, zurücktreten. Die dauerhafte Funktionsfähigkeit der Entsorgungsleistungen diene der Gesundheitsvorsorge der Bevölkerung und damit dem Gemeinwohl. Ein etwaiges Vertrauen der Klägerin, auch in Zukunft nicht wegen rückständiger Benutzungsgebühren in Anspruch genommen zu werden, sei nicht schutzwürdig. Es könne angesichts der familiären Beziehung zur Voreigentümerin nicht angenommen werden, dass die Klägerin über die Rückstände nicht informiert gewesen sei. Jedenfalls hätte es ihr oblegen, sich über die gesamten Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit der Übernahme des Grundstücks zu informieren.

Darauf klagte sie: Die auf den konkreten Paragrafen gestützte Inanspruchnahme wegen der hier in Rede stehenden Forderungen verstoße gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot. Es handele sich um eine unzulässige echte Rückwirkung.

OVG Nordrhein-Westfalen, Az.: 9 A 916/14

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