(IP) Hinsichtlich der Voraussetzungen eines Duldungsbescheids bei drohender Zwangsversteigerung hat das Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (VG) mit Leitsatz entschieden.

„Zu den Voraussetzungen eines Duldungsbescheides, insbesondere zur Vollstreckbarkeit der Erstschuld.“

Die Kläger wandten sich gegen einen Duldungsbescheid betreffend Grundsteuern. Die Kläger waren anteilige Eigentümer eines Grundstücks, das sie Jahre zuvor erworben hatten. Die Zurechnung des Grundbesitzes zu den Klägern war durch das Finanzamt erfolgt. Dann wurde über das Eigentum der Verkäuferin das vorläufige Insolvenzverfahren und ein Zustimmungsvorbehalt verfügt. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Verkäuferin wurde eröffnet und die Beklagte meldete offene Forderungen gegenüber der Verkäuferin wegen u. a. nicht beglichener Grundsteuern, das Grundstück betreffend, zum Insolvenzverfahren an.

Vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde mit Bescheid die Grundsteuer für die aktuellen Veranlagungsjahre gegenüber der Verkäuferin festgesetzt. Dann erließ die Beklagte gegenüber den Klägern einen Duldungsbescheid. Mit diesem wurden die Kläger als Eigentümer aufgrund der offenen Grundsteuerforderungen verpflichtet, die Zwangsvollstreckung in das genannte Grundstück zu dulden. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass gegenüber der Verkäuferin Grundsteuerschulden bestünden. Das Insolvenzverfahren gegen die Verkäuferin sei eröffnet, die Forderungen der Beklagten zur Insolvenztabelle angemeldet und festgestellt worden. Die Insolvenz sei bis dato noch nicht beendet.

„Allerdings hat die dingliche Haftung nach § 12 GrStG aufgrund ihrer Abhängigkeit von der sog. „Erstschuld“ (Grundsatz der Akzessorietät) weitere – ungeschriebene – Tatbestandsmerkmale: sie setzt stets das Bestehen einer solchen Steuerschuld voraus. D.h. sie muss entstanden und darf noch nicht untergegangen – z.B. getilgt, verjährt oder erlassen – worden sein. Gegenüber dem Erwerber eines Grundstücks setzt der (materielle) Duldungsanspruch weiter voraus, dass der Steueranspruch festgesetzt, fällig und vollstreckbar ist ... Der „Duldungsschuldner“ ... kann also stets nur soweit in Anspruch genommen werden, als dies auch beim Steuerschuldner möglich ist ... Der zugrundeliegende Anspruch muss noch nicht bestandskräftig sein ... Jedoch ist der durch Duldungsbescheid in Anspruch genommene Steuerpflichtige von Einwendungen gegen einen bestandskräftig gewordenen Steuerbescheid ausgeschlossen ...
Vorliegend sind zwar auch die weiteren ungeschriebenen Voraussetzungen (Entstehung der Steuerschuld, kein Untergang, Festsetzung des Steueranspruchs und dessen Fälligkeit) erfüllt, nicht jedoch das Tatbestandsmerkmals der Vollstreckbarkeit des Steueranspruchs.“

Die Richter des VG entschieden, das Duldungsbescheid und der Widerspruchsbescheid rechtswidrig wären und die Kläger in ihren Rechten verletzten. Es ermangele an der Vollstreckbarkeit der Erstschuld (Grundsteuerschuld).

Das Original-Urteil kann hier abgerufen werden:

Schleswig-Holsteinisches VG, Az.: 4 A 605/17

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